Das hat gerade noch gefehlt!

Nachtrag zur Vortragsreihe „Evolution“


Als ich diese Vortragsreihe im Jahr 2011 hielt, beschrieb ich den Pfad der upanisas, den Spiralpfad in den zwölf Schritten so, wie er in diesem Buch erscheint. Er ist so etwas wie die aus­gearbeitete Fassung des Dreifachen Pfades, den der Buddha lehrte, des Pfades aus Ethik, Meditation und Weisheit. Der Buddha wurde nicht müde zu betonen, dass das Allerwichtigste, die unabdingbare Grundlage, dafür die Ethik sei.

So sollte man annehmen, dass nachdem der Mensch, der dukkha überwinden möchte, und nun die helfende Lehre, den Dharma, gefunden hat, und auf diesen vertraut (saddha), der also die ersten zwei upanisas erreicht hat, sich dem Beginn des Dreifachen Pfades zuwenden würde, der Ethik. Dennoch beschäftigen sich die nächsten upanisas, die folgenden Schritte, mit dem, was in der Meditation geschieht, dem Auftreten der Faktoren Freude (pamojja) und Verzückung (piti) sowie dem, was nach der auf Verzückung auftretenden Beruhigung (passa­dhi) geschieht, das Aufsteigen von Glückseligkeit (sukha) und schließlich tiefe Meditation (samadhi), daran schließen sich die Glieder an, die allesamt mit Weisheit zu tun haben.

Aber wo bleibt denn da die wichtigste Grundlage, die Ethik? Ich behalf mich früher damit, dass ich mir sagte, wenn man den Pfad beginnt, Einsicht in dukkha hat und Vertrauen (saddha) in die Lehre des Buddha, dann wird man sicherlich die von diesem empfohlenen fünf ethischen Richtlinien beachten. So lehrte ich es auch in der Vortragsreihe, die die Grundlage dieses Buches ist. Dennoch fragte ich mich, warum der Buddha dies in den upanisas wegließ, wo er doch sonst so sehr auf gründlicher schrittweiser Auflistung besteht.

Im Jahr 2013 wurde ich durch meinen Freund Dhammaloka und sein ausgezeichnetes (leider im Buchhandel nicht mehr erhält-liches) Buch „Säe eine Absicht, ernte ein Leben“ darauf aufmerk­sam, dass das zwar so im Pali-Kanon steht, der chinesische buddhistische Kanon das upanisa sutta jedoch anders darstellt.

Der chinesische buddhistische Kanon ist eine chinesische Übersetzung des früher in Nordindien verbreiteten Sanskrit-Kanons, der neben dem Pali-Kanon auch noch existier­te. Sanskrit und Pali sind zwei altindische Schriftsprachen, eigentlich müssten die Inhalte identisch sein. Da vor 2000 Jahren in Indien jedoch nicht auf Paper geschrieben wurde, sondern auf Palmblätter, und diese auch unter optimalen Lagerbedingungen nur wenige Jahrhunderte haltbar sind, müssen sie immer wieder abgeschrieben werden.

Möglicherweise ist auf diese Art ein Teil des upanisa suttas im Pali-Kanon verloren gegangen, der im Sanskrit-Kanon noch existiert. Während der islamischen Eroberung Indiens wurden jedoch alle Exemplare des Sanskrit-Kanons vernichtet, während der Pali-Kanon in Hinterindien, Sri Lanka und wohl auch Indonesien erhalten blieb. Was wir jedoch heute noch haben, ist der chinseische Kanon, der allerdings erst spät und unvoll­ständig ins Englische übersetzt und damit außerhalb Chinas bekannt wurde.

Ich neige daher zu der Ansicht, dass in diesem Fall der chinesische Kanon die Worte des Buddha exakter wiedergibt als der Pali-Kanon. Und in diesem chinesischen Kanon ist der Beginn der upanisas mit dukkha (Unvollkommenheit) und saddha (gläubiges Vertrauen) genau wie im Palikanon erfolgt. Auch die Reihe von pamojja (Vertrauen) bis zum letzten (nach Zählung des Palikanon zwölften) Glied sind völlig identisch.

Zwischen saddha (Vertrauen = dem zweiten Glied nach dem Pali-Kanon) und pamojja (Freude = dem dritten Glied nach dem Pali-Kanon) finden sich allerdings im Chinesischen fünf weitere upanisas – und siehe da: diese befassen sich mit Ethik! Also genau das, was ich bei den upanisas vermisst hatte.

Es sind allerdings nicht, wie man vielleicht vermuten könnte die fünf ethischen Regeln (pancasila), sondern Erläuterungen, auf welche geistige Grundhaltungen wir bei unserer Praxis zurück­greifen sollten. Ich möchte sie hier im Folgenden erläutern – und ich habe sie in unserem Wandbild im Meditationsraum am Obermarkt auch ergänzt, gewissermaßen als Fußnote. Da ich die zwölf nidanas und daran anschließend die upanisas (ab 13) durchnummeriert hatte, und da die fünf fehlenden upanisas nach Punkt 14 (saddha) ein­zusetzen sind, habe ich sie mit 14.1 bis 14.5 numeriert.

Hier also die Erläuterung der fehlenden Glieder, ich orientiere mich dabei an dem, was Dhammaloka in „Säe eine Absicht, ernte ein Leben“ dargelegt hat.


yoniso manasikara (14.1 - Weises Erwägen)

Das Sunstantiv manasikara bedeutet „etwas im Geist machen“ oder „im Geist handeln“, geläufige Übersetzungen sind „Aufmerksamkeit“, „Erwägen“ oder „Nachdenken“. Das Adjektiv yoniso ist von yoni (Gebärmutter) abgeleitet und deutet auf das Ursprüngliche, also nicht durch papanca (ausuferndes Denken, das von Projektionen beeinflusst ist) hin. Yoniso manasikara „ist also eine intelligente, weise Aufmerk­samkeit, mit der men im Spannungsfeld von potentiell erdrückendem dukkha und starker saddha“ arbeitet... Diese Aufmerksamkeit durhleuchtet jede Situation hinsichtlich ihrere samsarischen und potentiell nirvanischen Qualitäten. Sie ermöglicht weise Entscheidungen.“ (Dhammaloka, a.a.O.) Und das Ganze geschieht ohne papanca, also ohne von Ängsten, irrationalen Hoffnungen, sprunghaften Assoziationen und Wunschträumen beeinflusst zu sein.

Yoniso manasikara ist eine Haltung, mit der wir uns aus unserer triebhaften Verhaltensweise befreien können, aus dem was in uns von der animalischen Entwicklungsstufe, vom mano niyama verblieben ist. Der Buddha hat dazu auch sieben Orientie­run­gen gegeben, wie dieses Erwägen geschene soll

  1. Sehen (dassana) – Betrachte die Dinge einfach wie sie sind, ohne bereits Wünsche, Hoffnungen und Ängste hineinzuprojizieren, sieh dir einfach ganz nüchtern ubd ubverblendet an, was Tatsache ist.

  2. Zügeln (samvara) – Unweises Erwägen (manasikara = egoistische Inanspruchnahme) wäre es, sich von seinen Trieben leiten zu lassen.

  3. Gebrauchen (patisevana) – nutze das, was dich auf deinem Pfad vom Ego zur Egolosigkeit, zum Erwachen, weiterbringt.

  4. Erdulden (adhivasana) – Das, was sich nicht vermeiden lässt, sollte man erdulden, ohne zu viel Energie (Ärger, Widerstand) hineinzustecken, dadurch würde man die Probleme (dukkha) nur größer machen.

  5. Vermeiden (parivajjana) - Meide alles, was dich vom Pfad zum Erwachen, zur Egolosigkeit, weiterbringt.

  6. Entfernen (vinodana) – Einige Hindernisse für diesen Pfad zur Egolosigkeit hast du dir schon zur Gewohnheit werden lassen, sind zu Verhaltensmustern und Ansichten (ditthi) geworden. Diese musst du überwinden, loslassen, entfernen, ausmerzen.

  7. Entfalten (bhavana) – Es gibt vielleicht aber auch schon Gewohnheiten oder Gewohnheitsansätze in dir, die die Egolosigkeit unterstützen (metta, Großzügigkeit, Freundlichkeit, Herlichkeit, Hilfsbereitschaft...), diese solltest du entfalten, weiterentwickeln, vervoll­kommnen. Eine typische Anwendung hiervon ist die metta bhavana.

Und da jedes upanisa eine unterstützende Bedingung für das jeweils nächste ist, ist yoniso manasikara eine unterstützende Bedingung dafür, sati sampajanna zu entfalten.


sati – sampajanna (14.2 - Achtsamkeit und Wissensklarheit)

Wenn wir gewissermaßen yoniso manasikara zu einer Gewohnheit gamacht haben, wenn wir tatsächlich diese sieben genannten Methoden regelmäßig anwenden, dann unterstützt dies unsere Achtsamkeit und Wissensklarheit. Letzteres sind zwei Ausdrücke, die der Buddha immer wieder in Verbindung miteiander nennt.

Sati (Achtsamkeit) „ist zunächst einmal unmittelbares Gewahrsein,,, Achtsam spüren und registrieren wir feinfühlig und umpfindsam die Empfindungen des Körpers und seiner Bewegungen (kaya), die Gefühlswerte (vedana), sowie die jeweilige Qualität des Geisteszustandes (citta). Wir nehmen das alles wahr, ohne uns davon mitreißen zu lassen. Mit wacher Achtsameit erleben wir, was ist und wie es ist.

Mit Wissensklarheit (sampajanna) erwägen wir die einzelnen Aspekte der Lebenssituation im Hinblick auf unsere schon früher gewonnen Einsichten“. (Dhammaloka, a.a.O.) Der Unterschied zwischen sati und sampajanna liebt also im Wesentlichen darin, dass sati das betrachtet, was gerade ist, und es so betrachtet, wie es ist, also ohne Interpretationen, es ist „einfach sehen, wie die Dinge sind“. Demgegnüber ist sampajanna eine eher dynamische Betrachtung, denn alles was jetzt ist, entstand aufgrund von Bedingungen und es wird wieder Folgen haben. Insbesondere wird mein willentliches Handeln (karma) in der gerade entstandenen Situation Folgen (karma vipaka) haben.

Ich möchte dies an einem Beispiel untersuchen. Nehmen wir an, ich gehe an einem warmen Tag spazieren, denn ich habe gerade viel Zeit. Da ist eine Eisdiele, Kinder stehen davor und kaufen sich Eis im Tütchen, es gibt auch schattige Tische, an denen Leute sitzen und verschiedene Eisbecher konsumieren.

Alles, was ich bis jetzt beschrieben habe ist reines sati: sehen, wie die Dinge sind. Ich könnte mich jetzt umschauen und nachsehen, was noch da ist. Vielleicht sehe ich auf der anderen Straßenseite eine Nähstube, eine Bushaltestelle, einen Hunde­salon und ein Tatoo-Studio. Bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, dass ich all das wohl schon vorher in meinem peripheren Gewahrsein irgendwie wahrgenommen habe, mein Augenmerk allerdings von allen diesen möglichen Objekten sich ausge­rechnet auf die Eisdiele gerichtet hat. Warum ist das so?

Es ist so, weil zu jedem Wahrnehmungsprozess, wie hier beim Sehen, laut buddhistischer Analyse fünf Dinge gehören:

Man beachte dabei das ich hierbei manasikara mit „egoistische Inanspruchname“ übersetzt habe. Es ist nicht yoniso manasi­kara „weises Erwägen“! Fehlt die Weisheit und ist nur der animalische Trieb zur Lustbefriedigung da, so ist manasikara ego-gesteuert, es ist egoistische Inanspruchnahme.

Nun kann ich durchspielen, welche Entscheidungsmöglichkeiten ich habe: (1) ich könnte mir eine Waffel mit Eis kaufen, (2) ich könnte mich dort hinsetzen und mir einen Eisbecher bestellen und (3) ich könnte einfach weitergehen, wie ich das vorhatte, bevor ich der Eisdiele ansichtig wurde. Als erstes könnte ich überprüfen, ob tatsächlich alle Möglichkeiten in Frage kommen. Wenn ich keine oder nur wenig Zeit hätte, würde die Mög­lichkeit mit dem Eisbecher im Sitzen wegfallen. Ich habe aber genügend Zeit. Wenn ich kein Geld hätte, würden beide Möglichkeitem, Eis zu essen, entfallen; wenn ich nur wenig Geld hätte, bliebe zumindest die Möglichkeit eine Kugel Eis in der Waffel mitzunehmen.

Als altruistisch eingestellter Mensch könnte ich jetzt sagen: „Dieser Eisstandinhaber macht das, weil er Geld braucht, ich sollte ihm etwas zu verdienen geben.“ Das wäre aber sicher nur eine Rationalisierung, um mein Eis zu bekommen, ich könnte ihm ja einfach 10 € schenken – oder jemad anderem, der es noch nötiger hat. Es scheint also eine andere Motivation in mir zu geben. Eine weitere Frage wäre, ob ich vielleicht hungrig bin. In der Tat verspüre ich plötzlich ein leichtes Hungergefühl. Da dieses Hungegefühl zwei Minuten bevor ich die Eisdiele sah, noch nicht vorhanden war, ist das auch nur eine Art Rationalisierung.

Ich könnte noch vieles andere erwägen, beschränke mich jedoch auf einen Aspekt.

Ich frage mich, woraus das Produkt besteht. Der Haupt­bestandteil ist Milch. Milch wird bei uns in Deutschland fast ausschließlich in tierquälerischer Massentierhaltung erzeugt. Es ist außerdem betriebswirtschaflich gesehen eine Kuppel­produktion. Durch die Rindermast wird sowohl Milch (solange der Milchertrag der Kuh hoch ist) als auch Fleisch (wenn der Ertrag unters Optimum sinkt) erzeugt. Durch meine Nachfrage finanziere ich eine Vierhhaltung, die (a) quälerisch und (b) mörderisch ist. Außerdem werden für die Milchviehhaltung Futtermittel angebaut, einer der Gründe für die Regen­waldrodung. Aufgrund der Massentierhaltung werden große Mengen Methan emitiert, das stark zum Treibhauseffekt beiträgt. An der Fianzierung von alledem würde ich mich beteiligen.

Auf diese Art die Folgen meines Handelns weise erwägend, bringt mich meine Wissensklarheit dahin, vom Eiskauf Abstand zu nehmen. Um durch diese kurze Überlegung nicht in Trauer und Wut zu verfallen, entschließe ich mich, gezielt Mitfreude in mir zu erwecken: im Vorbeigehen lächle ich den Eis­konsument*innen freundlich zu. Einem Kind, das von seiner Muter gerade ein großes Eis bekam, sage ich: „Wow, du hast aber ein tolles Eis, das ist betsimmt ganz lecker, lass es dir schmecken.“

Innerlich zufrieden darüber, dass ich mich gezügelt habe, dass ich nicht das finanziert habe, was ich ablehne, und durch meine sichtbare Mitfreude den Menschen etwas Gutes mitgegeben zu haben, wird mir warm ums Herz. Ganz nebenbei freue ich mich auch, dass ich dem Eis widerstanden habe, schließlich habe ich Übergewicht.

Ich denke, ich habe hiermit einen Eindruck von dem gegeben, was Wissensklarheit ist.

indriya samvara (14.3 - Zügeln der Sinne)

In dem Beispiel mit dem Eis ist wohl auch klar geworden, dass es hierbei um Zügelung des Sinnenverlangens ging. Aber: ist das dasselbe wie „Zügeln der Sinne“? Vermutlich nicht ganz, denn in dem genannten Beispiel ist das Sinnenverlangen ja erst auf-grund des Kontaktes meines Sinnesorgans Auge mit dem sichtbaren Objekt „Eisdiele“ entstanden. Kann ich die Sinne so zügeln, dass das Sinnenverlangen vielleicht erst gar nicht mehr auftritt?

Unter dem Begriff yoniso manasikara habe ich oben sieben Methoden, dies umzusetzen genannt, um zwei davon, um „zügeln“ und „vermeiden“ geht es hier. Da wir einen menschlichen Körper haben (nama-rupa, das ist uns in der zwölgliedrigen Kette des bedingten Entstehens im Lebensrad als Punkt 4 begegnet, vgl. S. 46), haben wir auch diese sechs Sinnentore, die uns das Haus (salayatana, Punkt 5) zeigte, und mit denen wir zwangsläufig mit erkennbaren Objekten in Kontakt (phassa, Punkt 6) kommen, wodurch dann ein vedana (Punkt 7) aufkommt, das zu tanha (Punkt 7, Durst, Verlangen) führt.

Selbstverständlich wollen wir diese Sinnesorgane behalten, solange wir einen menschlichen Körper haben. Allerdings haben wir durchaus eine beeinflussbare Auswahl, was wir an unsere Sinnenorgane kommen lassen, der Buddha spricht hierbei vom „Hüten der Sinnenpforten“, also seinen „Input“ zu kontrollie­ren. Die Fage ist also zum Beispiel: auf welche Internetseiten gehen ich? Wir alle wissen, wir hören, dass sich Terroristen „selbst radikalisiert“ haben und dazu entsprechende Internet­angebote konsumiert haben. Tatsächlich beeinflusst uns unser Umgang mit den Medien, wie wir die Welt wahrnehmen und damit auch, wohin wir uns entwickeln. Es macht einen Unterschied, ob ich mir Hasspredigten anhöre, oder ob ich über yoniso manasikara lese.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass unser kapitalis­tisch-konsumistisches Wirtschaftsystem, das bekanntlich nicht auf Giervermeidung sondern auf Gieranstachelung beruht, eine genau entgegengesetze Strategie verfolgt. Durch Werbung, public relations und sales promotion, sollen wir dazu geführt werden, möglichst großes Verlangen zu entwickeln. Und gerade in Rundfunk, Fernsehen und im Internet werden wir besonders intensiv mit gieranstachelnden Reizen überflutet.

Der Buddha verfolgte eine gegenteilige Strategie. So wurden die Mönche und Nonnen aufgefordert, nicht gezielt bei wohl­habenden Familien ihre Nahrung zu erbetteln, wo es erlesenere Speisen gab, sondern zu allen zu gehen, allerdings nur einmal am Tag, womit auch vermieden wurde allzu oft mit dem Konsum der Laien konfrontiert zu werden. Auch ermahnte der Buddha seine Mönche davor, Frauen anzusehen, ebenso warnte er die Nonnen vor einem Umgang mit Männern, auch hier ging es um das Hüten der Sinnenpforten, um Verlangen zu vermeiden.

Ich kann nur empfehlen so wenig wie möglich mit allem was Gier anstachelt, insbesondere mit Werbung in Kontakt zu kommen, die Anwesenheit in Läden, Einkaufstraßen usw. aufs nötigste zu beschränken, Schaufenster zu meiden und die Werbebeilagen, die wir bekommen, unbetrachtet wegzu­werfen.

Genauso achtsam muss man allem sein, was zu Hass und Aggression führt, zum Beispiel in Videospielen. In disem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass die US-Armee (wie vermutlich andere Streitkräfte auch) versuchen, ihren Soldaten mit Videospielen die Hemmschwelle vor dem Töten zu nehmen.

Ich empfehle jedem, das Hüten der Sinnestore zu einer regel­mäßigen Übung zu machen.

sila samvara (14.4. - Hüten der Vorsätze)

Erst nach alle diesen wichtigen Vorübungen führt der Buddha das an, was wir als den Kern buddhistischer Ethik verstehen können, die pancassila, die fünf Vorsätze für Laien. Ich werde hier nicht in allen Einzelheiten darauf eingehen, das habe ich an anderer Stelle dieser Buchreihe getan. Allerdings werde ich hier noch einmal die fünf traditionellen Vorsätze nenne, die Ermpfehlungen des Buddha, was wir zu unserer ethischen Läuterung vermeiden soolten:

  1. Ich nehme mir vor, keine Gewalt gegen fühlende Wesen auszuüben.

  2. Ich nehme mir vor, nicht zu nehmen, was mir nicht gegeben wurde.

  3. Ich nehme mir vor, nicht gegen das sexuelle Selbst­bestimmungsrecht zu verstoßen

  4. Ich nehme mir vor, nicht die Unwahrheit zu sprechen.

  5. Ich nehme mir vor, keine bewusstseinstrübenden Mittel zu nehmen.

Außerdem pflege ich morgens, um mich auf einen Tag ethischer Übung einzustimmen, folgende positiven Vorsätze zu rezitieren, die ich von meinem Lehrer Sangharakshita übernommen habe:

  1. Mit Taten liebevoller Güte läutere ich meinen Körper.

  2. Mit Großzügigkeit läutere ich meinen Körper.

  3. Mit Stille, Schlichtheit und Genügsamkeit läutere ich meinen Körper.

  4. Mit ehrlicher und wahrhaftiger Sprache läutere ich meine Rede.

  5. Mit freundlicher Sprache läutere ich meine Rede.

  6. Mit hilfreicher Sprache läutere ich meine Rede.Mit

  7. Harmonie stiftender Sprache läutere ich meine Rede.

  8. Gier löse ich auf in Stille und läutere so meinen Geist.

  9. Hass kehre ich um in Mitgefühl und läutere so meinen Geist.

  10. Unwissenheit verwandle ich in Weisheit und läutere so meinen Geist.

Gerade dem letzten Vorsatz soll dieses Buch dienen!

avipatissara (14.5 - Gewissensreinheit)

Und wenn wir all dieses, was ich unter den Punkten 14.1. bis 14.4 geschildert habe, befolgen, dann wird gerade aus dem Üben der ethischen Vorsätze (sila samvara) eine unter­stützende Bedingung für das Entstehen des nächsten Punktes, des Punktes 15, dann wird diese Gewissensreinheit zu einem Quell der Freude, von pamojja. Wissend um das dukkha (upanisa 13), das unweigerlich mit allem weltlichen Leben verbunden ist und voller saddha (upanisa 14), im tiefen Vertrauen darauf, dass das Beschreiten der upanisas zur Befreiung von dukkha führt, praktiziere ich Weises Erwägen (14.1), bemühe ich mich um immer tiefere Achtsamkeit und Wissensklarheit (14.2), hüte ich meine Sinnentore (14.3), übe ich die Vorsätze (14.4.) und erlange somit ein reines Gewissen (14.5) auf dass Freude (upanisa 15) aufsteigt.


© Copyright 2021 by Horst Gunkel, Gelnhausen.

Zu Meditation am Obermarkt
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